Chronik von Mittelstetten

Lange Zeit nach der Ersterwähnung des Ortes (788) schweigen die historischen Quellen. Erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nennen sich verschiedene Personen als Mittelstettner. Nach einer in den Monumenta Boica veröffentlichten Urkunde aus der Zeit um 1300 waren die Herren von Mittelstetten "milites", also Ritter in Muotelinsten. Der Ortsname wurde wohl nach einem Personennamen gebildet und bedeutet Wohnstatt des Mutilo. Eine andere Deutung führt den Ortsnamen auf das althochdeutsche "muten" (Bergbau betreiben) zurück und bringt den Ortsnamen mit dem im frühen Mittelalter im Mittelstettner Gebiet gewonnenen Eisenerz in Verbindung. Das Wasser aus Mittelstettner Hausbrunnen ist übrigens heute noch stark eisenhaltig.

 

Auch das Zisterzienserkloster Fürstenfeld erhielt schon bald nach seiner Gründung Güter in Mittelstetten übertragen. So vertauschte Kloster Fürstenfeld 1295 einige Güter in Mittelstetten und Merching, um für St. Leonhard in Inchenhofen das Pfarrrecht zu erhalten. Um 1500 gehörten dem Kloster Fürstenfeld die Taverne und drei weitere Höfe in Miedlsten, das heute noch von den Mittelstettner Mialstehn genannt wird. Für 1440 ist ein Dorfgericht bekundet. Die Mittelstettner Tafernwirtschaft galt als eine der wichtigsten Stationen zwischen München und Augsburg. Im 17. Jahrhundert kehrten beim Postwirt viele gekrönte Häupter ein, unter anderem auch Napoleon!

 

Die Grafen Hundt zu Lauterbach sahen im 16. Jahrhundert Mittelstetten als geschlossene Hofmark an. 1792 übergaben die Freiherren Ruffini ihre Rechte in Mittelstetten an den Kurfürsten; Mittelstetten wurde damit landgerichtsunmittelbar.

 

Die Pfarrkirche St. Silvester wurde um 1450 als gotisches Gotteshaus errichtet. Nach kriegerischen Zerstörung wurde die Kirche 1708 großerneuert im Barockstil. 1895 wurde sie "regotisiert". 1983 - 1988 wurden erhebliche Restaurierungsarbeiten durchgeführt mit dem Ziel, die original neu-gotischen Ausgestaltung von 1895 wiederherzustellen.(Kosten 750.000 DM) Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege beschreibt St. Silvester so:

Die Mittelstettner Kirche, ein Saalbau mit eingezogenem Chor und Sattelturm, gehört zu den selten gewordenen Beispielen einer vollständig erhaltenen und künstlerischen hochrangigen Neugotik. Gebäude und Ausstattung sind ein Baudenkmal.

 

Das Wappen von Mittelstetten zeigt ein durch einen silbernen Pfeil gespaltenes rotgrünes Schild. Vorne ein halber Flug, hinten ein schmaler silberner Wellenbalken, überdeckt von einer aufrechten Heugabel, deren Stiel aus einem silbernen Spatenblatt wächst. Vieles von dem, was die Gemeinde Mittelstetten und deren Gemeindeteile aufzuweisen haben, ist in dem 1982 angenommenen Gemeindewappen enthalten: der Flug als Herrschaftszeichen der in dieser Gegend sehr vermögenden Grafen Hundt von Lauterbach, der Pfeil als das Attribut des heiligen Martyrers Sebastian, des Patron der Kirche zu Oberdorf, eine Heugabel für die weitestgehend landwirtschaftliche Struktur des Gebiets, ein Spatenblatt für den historischen Abbau von Raseneisenerz und nicht zuletzt der Wellenbalken als Sinnbild für das Quellgebiet der Glonn. Mittelstetten hat derzeit ca. 880 Einwohner.

 

Die weiteren Ortsteile von Mittelstetten:

Im 16. Jahrhundert berichtet der große bayerische Historiker Veit Arnbeck unter Berufung auf Freisinger Quellen, die später heiliggesprochene Witwe Kaiser Heinrichs II, Kunigunde habe im Jahr 1025 von Bischof Egilbert von Freising den Ort "Tegirenwanc", also Tegernbach, erhalten. Tegernbach scheint danach bald in herzoglichen Besitz gekommen zu sein. Denn im Jahr 1183 wird der Ort Tegernbach erneut genannt. Tegernbach wird von Ministerialen verwaltet, die im 12. Jahrhundert in Urkunden unter dem Namen "de Tegernwac" oder "die Tegrinbach" erscheinen. Mit derNonne Katharina Tegernbachin erlosch dieses Ministerialengeschlecht um 1350. Schon zuvor (1313) waren Teile des Besitzes in Tegernbach auf Erbweg an die Familie Haidvolk aus Baindlkirch gekommen und schließlich reiht sich ab 1344 das Kloster Fürstenfeld in die Besitzerliste in Tegernbach ein. Seit dem 16. Jahrhundert führte eine wichtige Poststraße durch Tegernbach. Aber auch hohe Herrschaften reisten häufig auf diesen Straßen durch den Ort. Im Gasthaus (heute Gasthaus Helgemeir), es zählt zu den ältesten in Bayern, wurden Pferde gewechselt und Reisende bewirtet. 1690 kam sogar der deutsche Kaiser Leopold I. mit seinem Gefolge durch Tegernbach. Nachdem die Poststraße 1806 neu verlegt wurde (Bruck, Merching, Augsburg) und die Eisenbahnlinie München Augsburg 1840 eröffnet wurde, verlor die Poststraße ihre Bedeutung.

 

Die politische Gemeinde Tegernbach wurde 1808 gegründet. Tegernbach war sogar Großgemeinde, Baierberg und Oberdorf gehörten zu Tegernbach. Die Gemeinde war bis 1978 selbständig und wurde dann im Zuge der Gebietsreform in die Gemeinde Mittelstetten eingegliedert.

 

Die Kirche St. Stefan und Magdalena wurde ca. 1150 gebaut. Ursprünglich hatte sie einen romanischen Baustil, der aber in der Gotik erstmals verändert wurde. Aus dieser Zeit stammen noch einige wertvolle Figuren. Der letzte große Umbau erfolgte 1774, aus dieser Zeit stammt auch das Deckengemälde des hlg. Stefanus. 1985 wurde die Kirche renoviert. Heute gehört Tegernbach zur Pfarrei Baindlkirch, die wiederum zu der Diözese Augsburg angehört.Tegernbach hat ca. 350 Einwohner.

 

Als "Vohigowe" erscheint der Name Vogach im Jahr 1183 erstmals in einer Urkunde des Klosters Steingaden. Er bedeutet soviel wie "dort wo die Füchse wohnen". 1183 vermachte Herzog Welf VI. Güter zu Vogach dem von ihm kurz zuvor gegründeten Stift Steingaden. In der Folgezeit sind mehrmals sich nach Vogach nennende Personen registriert. 1590 kaufte der herzogliche Rat und Leibmedikus Dr. Thomas Meermann von Schönberg den Ansitz, der sechs Jahre später zur geschlossenen Hofmark erhoben wurde. Gleichzeitig erfolgte der Verkauf an das Jesuitenkolleg Landsberg. Nach Aufhebung des Ordens im Jahr 1773 waren zunächst die Hofkammer, dann der Malteserorden Besitzer. Das Gebiet der Malteser ging 1814 in den Besitz des Staatsaerars über. 1752 waren von den 24 Anwesen 23 im Besitz der Hofmarksherrschaft. Die Vogacher Kirche ist St. Michael und Johannes der Täufer geweiht. Der spätgotische Bau erhielt 1875 einen neuen Turm. Der Hochaltar stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Unter Denkmalschutz steht auch die frühere Hofmarksmühle in Vogach. Vogach hat heute ca. 210 Einwohner.

 

Längenmoos wurde 1085 als Lenginmoos, das bedeutet soviel wie langgestrecktes Moos, erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort gehörte früher offensichtlich zum Besitz des Klosters Bernried. Weitere Grundbesitzer waren später unter anderen die Klöster Fürstenfeld, Ettal, die Hofmarksherren von Hofhegnenberg, Kammerberg und Weyhern sowie die Pfarrkirche Günzlhofen. Die Kapelle aus dem 18. Jahrhundert hat das Patrozinium St. Maria. Ihr Altar stammt aus dem 19. Jahrhundert. Aus einer Urkunde des Jahres 1677 erfahren wir den Marktwert der Anwesen in Längenmoos: Baron Puck verlieh das Leibrecht auf ein Anwesen gegen eine Stift von jährlich drei Gulden, drei Schilling und sieben Pfennig Stiftgeld, eine Fastnachhenne, fünf Vierling Flachs oder drei Pfund Werch. In Längenmoos leben heute ca. 140 Einwohner.

 

Der Ortsname Oberdorf (das höher gelegene Dorf) erscheint 1344 erstmals. Elf Anwesen sind in der Hofmarkskonskription von 1760 verzeichnet. Grundherren waren das Domkapitel Augsburg, Kloster Beuren in Schwaben, Ettal, das Kloster Fürstenfeld, mit fünf Höfen wichtigster Grundbesitzer und die Pfarrkirche Günzlhofen. Die St. Sebastian Kapelle in Oberdorf wurde 1690 anstelle eines Vorgängerbaus errrichtet und 1704 nach Kriegsschäden wiederhergestellt. Der Altar stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Heute hat Oberdorf ca. 75 Einwohner.

 

Der kleinste Ortsteil mit nur ca. 25 Einwohner ist Hanshofen. Er wurde erstmals im Jahre 1287 erwähnt. Die Herkunft des Ortsnamens liegt im Dunkeln, man vermutet den örtlichen Schutzheiligen Johannes als Namensgeber. Die Kapelle St. Mariä Himmelfahrt hatte früher ein Katharinen Patrozinium. Der Wechsel des Patroziniums dürfte auf den Einfluss des Klosters Fürstenfeld zurückgehen. Die Kapelle, ein ursprünglich spätgotischer Bau, wurde nach einem Brand im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts barockisiert. Der Hochaltar stammt aus der Zeit um 1670.

 

Mittelstetten ist die norwestlichste Gemeinde im Landkreis Fürstenfeldbruck und bildet im Norden und Westen die Grenze zum schwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg. Mit rund 1630 Einwohner hat sich aus den ehemaligen Gemeinden Mittelstetten und Tegernbach eine noch gut überschaubare Einheit gebildet. Als die nach Mamendorf flächenmäßig zweitgrößte Gemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf hat sie sich ihr ländliche Struktur bewahren können. Dieser offenen und natürlich wirkende Siedlungscharakter wird insbesondere auch durch die breitgestreute Anordnung der Ortsteile Tegernbach, Vogach, Längenmoos, Oberdorf und Hanshofen geprägt. In den dazwischenliegenden Bereichen erstrecken sich große Wälder, Wiesen und Äcker. Eine Besiedelungsdichte von lediglich 80 Einwohner ja Quadratkilometer lässt ein freies Leben auf dem Land mit einem hohen Erholungswert zu, dazu zählen auch ein äußerst moderner 18-Loch-Golfplatz in Tegernbach, ein Reiterhof in Vogach und ein Reitstall in Hanshofen. Es gibt 19 Vereine und ein intaktes Gemeinschaftsleben.

 

Der ehemalige Pfarrhof aus dem 18./19. Jahrhundert, einige Kapellen, eine Mühle in Vogach aus dem 18. Jahrundert und die genannten Gotteshäuser gehören zu den denkmalgeschützten Gebäuden im Gemeindegebiet. In der Gemeinde sind rund 35 Gewerbe- und etwa 15 Handwerksbetriebe zu Hause, sowie ein kleiner Lebensmittelladen, eine Bank- und eine Postfiliale und zwei Gasthäuser.

 

Auch ohne unmittelbare Anbindung an Bundesstraße und Bundesbahn hat sich Mittelstetten zu einem attraktiven, traditionell geprägten Wohngebiet im Schnittpunkt zwischen Oberbayern und Schwaben entwickelt.